Das unerkannte Herumlaufen durch eine Großstadt

Freitagvormittag, früh erwacht und im Büro ist um diese Zeit in der vorlesungsfreien Zeit auch noch nichts los. Was macht man am besten? Die Entscheidung fiel auf die Innenstadt. Da ich mein Fahrradschloss nicht öffnen konnte, ging ich auch noch zu Fuß, das fing ja gut an. Im Endeffekt stellte es aber kein Problem dar. Schon nachdem ich mich der Innenstadt näherte, traf ich auf die ersten bekannten Gesichter. Group Mori und @home waren gerade damit beschäftigt, die letzten neuen Ausländer im Rathaus anzumelden und ihnen die Stadt zu zeigen. Da ich doch relativ bekannt bin, wurde ich gleich in Gespräche mit den Mitgliedern verwickelt und entschloss mich, etwas Zeit mit den Leuten zu verbringen. Dabei stieß ich gleichzeitig auf die vierte deutsche Person, die neu hinzugekommen ist. Es handelt sich um eine Dresdnerin, die wohl ein ganzes Jahr hier bleibt. Besonders auffällig war sie schon von weitem, so dass meine Intuition mich nicht täuschte und ich sie schon früh als Deutsche einordnen konnte. Zum Essen wollte ich dann aber doch nicht mitkommen und so trennte ich mich von der Gruppe, um noch einige Besorgungen in der Stadt alleine zu vollziehen. Irgend eine Kampagne muss auf jeden Fall gerade in Sendai stattfinden. Auf Anhieb dachte ich an ein Anti-Aids-Event, was wohl, wie ich las, sowieso gerade stattfindet. Aber anstelle von Schleifen verteilten überall einige alte Japaner kleine rote Federn an die Passanten. Ohne zu wissen, wofür demonstriert werden soll mit diesen Federn, verzichtete ich aber doch lieber auf diese Feder, die man mir verzweifelt an verschiedenen Ecken der Stadt anzudrehen versuchte. Aber auch ohne die Verteiler der Federn waren zu viele Leute unterwegs. Fünf Leute hielten an, um mich zu begrüßen. Dafür, dass wir in einer Millionen-Stadt leben, finde ich das schon eine beachtliche Zahl. Nur ein Problem gab es: Ich erkannte sie oftmals nicht. Es ist sehr nervig, keine Ahnung zu haben, mit wem man es zu tun hat. Aber irgendwie gewöhnt man sich dran. Kurios, wie leicht ich gesehen werde. Man findet mich wirklich überall. Ständige Überwachung, wer bracht schon einen Geheimdienst dafür.

Zu viel Zeit wollte ich in der Innenstadt aber auch nicht vergeuden und so ging es zurück in die Uni. Es folgte ein ruhiges Arbeiten, bis Shimizu für Ablenkung sorgte. Fünf Stunden lang vollzogen wir Deutschunterricht und sprachen, sehr zur Freude meiner einen Professorin, über Gott und die Welt. Es ist schon praktisch, wenn man in etwa die gleichen Interessen hat. Angespornt von unseren Diskussionen traten dann auch noch andere in das Gespräch ein und es entwickelte sich ein wirklicher kleiner Sprachzirkel. Im schlimmsten Fall saßen zwei oder drei Leute zwar gleichzeitig über den Sprachdatenbanken und Wörterbüchern, um das richtige Wort zu finden, irgendwie gab es aber immer ein Ergebnis. Wenn ich Shimizu richtig verstanden habe, werden wir in nächster Zeit wohl mal ein Grillen am Strand machen. Ausgezeichnet, ich freue mich drauf. Dass Shimizu wieder da ist, hebt die Stimmung im Büro gleich ungemein. Und heute die Gesprächsrunde hilft mir auch stark, wenn es erforderlich ist, notfalls auch mal das Japanische zu verwenden.

Göttlich war aber die Reaktion meiner Professorin auf die Feststellung, dass ich in Kürze wandern möchte. Die Tatsache, dass jemand freiwillig in Japan wandern gehen möchte, überraschte sie doch sehr. In einer Woche ist es dann soweit: Melanie und ich werden uns zu einer 3-Tage-Wandertour in Japan aufmachen. Ich bin schon gespannt. Meine Ausstattung ist zwar ziemlich überschaubar für solch eine Tour, aber es wird Spaß machen, da bin ich mir sicher.

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