Der weise Mann vom Berg

Wie bekomme ich meine Haare am besten grau? O.k., die Bachelor- und Masterordnung hat manchmal diese Wirkung auf mich, aber das ist doch zu viel des Guten. Aber mit grauen oder weißen Haaren, könnte ich wenigstens meiner Rolle als Historiker gerecht werden und nebenbei nach dem gestrigen Tag auch noch den weisen Mann vom Berg (Vulkan) spielen. Der Fuji-San (nein nicht Fuji-Yama) war den Ausflug auch auf jeden Fall wert!

20.30 Uhr zog unsere mittlerweile auf 11 Leute angewachsene Gruppe los, um den Berg zu besteigen. Zu diesem Zweck wurde auch gleich noch ein Wanderstab gekauft, der auf jeder Etappe eine neue Brandkerbe bekam. Die Glocken, die an diesen Stäben befestigt sind, nerven aber gewaltig und überlebten bei mir keine drei Minuten. Kopftaschenlampen sind nebenbei auch verdammt praktisch zum Bergsteigen! Schon nach 5 Minuten hatten wir die ersten Beiden verloren, nur um dreißig Minuten später auch den Rest aus den Augen zu verlieren. Die einzige Person, die mit meiner Geschwindigkeit mithalten konnte, war Melanie. Ihr Mitkommen sollte sich noch als Glücksgriff erweisen. Neben uns beiden sahen wir von unserer Gruppe eigentlich nur in regelmäßigen Abständen die Franzosen. Wenigstens brauchten wir uns aber keine Sorgen machen, schließlich traf die Wettervorhersage nicht ein. Der Himmel war klar, die Luft frisch und der Boden leicht feucht, so dass kein Staub aufwirbeln konnte. Der Taifun lies uns alle zufrieden und Regen, wie die Tage davor, war auch nicht zu verzeichnen. Nur mit den Temperaturen hatten wir nicht gerechnet. Alle Jungs waren zu leicht bekleitet. Besonders die Franzosen waren nur mit sehr dünnen Pullovern bewaffnet. Ihre weibliche Begleiterin bekam sogar Unterkühlungsprobleme auf dem Weg. Ich opferte meine Strickjacke, um sie wenigstens zur nächsten Station zu bringen und Melanies Intervention brachte mir meine Jacke auch wieder. Die junge Dame blieb im Hotel an der Station. Als wir um 2.30 Uhr die Spitze des Fuji-Sans erreichten, war es auf jeden Fall total kalt und neblig. Wir verpackten uns gut, aber wir froren trotzdem total. Melanie hatte sogar 10 Lagen an Klamotten, aber es half nichts. Die Franzosen versteckten sich sogar auf der Toilette, die beheizt war.

Erst um 5 Uhr, kurz vor Sonnenaufgang, fanden wir eine windgeschützte Stelle und konnten die Spitze des Fujis genießen. Der Sonnenaufgang war malerisch und da mein Fotoapparat aufgrund der Kälte versagte, nahm Melanie extra viel Bilder auf. Anschließend besuchten wir den Krater und schauten uns die atemberaubende Natur Japans von oben an. Im Tempel entspannten wir ein wenig und kamen mit der Natur in Einklang. Nicht wirklich – entspannt war es auf dem Krater aber trotzdem, besonders da viele Gäste nach dem Sonnenaufgang sofort vom Berg verschwanden. Nur auf den Abstieg hätte ich verzichten können. Staubige, rutschige Wege, die sehr auf die Knie und Füße gingen, waren viel schlimmer als das Besteigen des Vulkans. Trotzdem sind sechs Stunden für den 3700 m hohen Vulkan schon eine sehr gute Zeit und den einfacheren Rückweg schafften wir auch dreißig Minuten schneller als vom Planer vorgesehen. Wobei wir das Melanie verdanken, die mich gnadenlos ohne Pause den Berg runter trieb. Es war aber auf jeden Fall ein riesiges Erlebnis und ich kann es allen nur empfehlen. Jetzt muss ich aber erst mal raus bekommen, wie ich meinen Wanderstab mit Markierungen heil nach Deutschland bekomme, ohne dass er als Waffe gilt.

Ach ja: Ich habe gerade noch erfahren, dass es nicht nur die Franzosen entschärft. Eine unserer Japanerinnen litt unter der Höhenkrankheit und musste auch ein Hotel nehmen.

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