Verstecke sich, wer kann, die schwarz-weiße Invasion rollt an. Der Campus war heute überfüllt mit in Schuluniformen gekleideten Schülern, die jede Ecke des Campus erkunden wollten. An sich stellt das kein Problem dar und einige Studenten sind zwischen denen auch gar nicht groß aufgefallen, sahen sie doch zum Altersdurchschnitt passend aus. Ein Problem gibt es dagegen, wenn man nicht dem Standard entspricht. Sagen wir zum Beispiel, man ist ein 1.94 m großer Europäer mit langem, dunkelblondem Haar. Schon als ich den Campus betrat, blickte sich die Hälfte der anwesenden Schüler um. Im Büro wurde das Ganze dann noch schlimmer. Mit Getränken und Animes auf Deutsch wurde versucht, das Interesse der Schüler auf die deutsche Sprache zu lenken. Als ich eintraf, war schon alles groß im Gange und das Büro schon überlaufen. Trotzdem musste mein Professor die Gelegenheit nutzen, mit meiner Hilfe Werbung zu machen. Bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit, wurde ich als Beispiel herangezogen. Geholfen hat es aber trotzdem nicht viel. Die Schüler, wie die Versprechen der letzten Tage vorhersagten zu 90 Prozent Frauen, hatten mehr Angst als Vaterlandsliebe vor mir. Wirklich sprechen wollten die wenigsten mit mir und wenn, dann über deutsches Essen, deutsche Sätze der Marke, „Ich liebe dich“ oder wie man einen Deutschen heiratet. Auch wenn die Fragen teilweise selten dämlich waren, ich beantwortete alles nach bestem Gewissen. Wenn dann doch mal wieder niemand mit mir reden wollte, verwickelte ich sie halt in Gespräche. Egal, ob über einfachen Deutschunterricht, japanische Fußballspieler in Deutschland oder den 1. FC Magdeburg, ich sprach über alles. Diese Gelegenheit wurde gleich vom offiziellen Fotografen der Fakultät genutzt, um mich beim Erklären zu fotografieren. Nachdem Shimizu und ich schon auf dem Flyer des Büros, der an alle Anwesenden ausgegeben wurde, abgebildet sind, wird das meine zweite Ablichtung.
Für das Reinlotsen der Leute war ich aber weniger geeignet. Überraschenderweise versuchten die Studenten einen Bogen zu machen, wenn sie mich sahen. Ich könnte ja auf Englisch mit ihnen reden. Zu diesem Zweck gesellten sich dann immer junge Damen zu mir und zusammen klappte es dann doch langsam besser. Zum Schluss wurde ich dann sogar noch zum Ärgernis für die Franzosen im Nachbarbüro. Wenn die Besucher vor mir flohen, schnitt ich ihnen einfach den Weg so ab, dass sie ins Büro gingen. Dadurch verringerte sich bei den Nachbarn der Zulauf aber ziemlich. Trotz der Flucht vor mir, hatte ich ganze Fanclubs. So verließen drei Damen über eine Stunde das Büro nicht und jedes Mal, wenn ich mich überraschend umdrehte, schauten sie gerade auf mich und drehten sich dann verschämt weg. Ich fühlte mich teilweise schon wie ein Zootier, begafft von allen möglichen Menschen. Zwischen „riesig“ und „süß“ wurde auch alles mögliche über mich gesagt, wie mir Orsolya und einige Mitstudenten manchmal übersetzten. Wobei ich den Part auch oftmals selber verstand, weil sie sich nicht vorstellen konnten, dass ich Japanisch tatsächlich etwas verstehen könnte.
Insgesamt wurde das Büro von knapp über dreihundert Schülern besucht, was einen absoluten Rekord darstellte. Dank der Hitze und dem immer übervollen Büro kamen wir ganz schön ins schwitzen, aber interessant war es trotzdem irgendwie. Mal sehen, ob man eine allgemeine Veränderung an den Studentenzahlen feststellen kann. So stellt sich die Frage, ob meine Vermutung richtig ist und die Zahlen nach meinem Auftreten fallen werden oder, wie die anderen behaupten, steigen. Wir werden sehen, aber erst einmal heißt es morgen den zweiten Teil der Invasion zu überstehen.