Donnerstagmorgen, es steht mal wieder der Sprachkurs an. Zu meinem Unwillen natürlich auch noch bei der anderen Lehrerin und nicht Frau Abe. Jetzt könnte man natürlich meine Ablehnung als willkürlich auslegen, aber die Statistik für diesen Sprachkurs spricht Bände. Finden sich am Dienstag von 15 Sprachkursteilnehmern noch immerhin im Schnitt 12 Schüler zum Unterricht ein, so sind es am Donnerstag nur noch im Schnitt 5 bis 6. Heute wurde diese Statistik mal wieder vollkommen bestätigt und ganze 6 Mutige füllten den Raum. Dabei soll man aber nicht denken, dass diese sechs illusteren Gestalten auch mitgearbeitet hätten. Von diesem sechs, schliefen vier bis fünf in bester Japanermanier, mitten im Unterricht. Ob dieses Verhalten nun alleine auf den Unterricht zurückzuführen ist oder ob der ungesunde Lebenswandel der Studenten dabei eine Rolle spielt, konnte aber noch nicht nachgewiesen werden. Die Lehrerin kann einem schon leid tun. Sie versucht wirklich alles, um den Unterricht interessant zu gestalten, aber ein wirkliches Talent hat sie dazu leider nicht. Trotzdem ist das Schlafen schon etwas unhöflich, die Japaner scheint das aber auch weniger zu stören. In jedem Seminar, was ich bis dato besuchte, schafften es ein bis zwei Japaner, direkt vor den Augen des Professors zu schlafen. Hier gehört dieser Zustand auf jeden Fall zur Normalität.
12 Uhr mittags, die vier Stunden des Sprachkurses sind endlich überstanden. Jetzt kann es eigentlich nur ein Ziel geben: Kostenloses Essen bei Group Mori. Kostenloses Essen lockt natürlich viele Ausländer an und deshalb hieß es, sich im Raum zu drängen. Zu meiner großen Freude waren auch zwei meiner Lieblingsmitglieder dabei. Eine der beiden befragte mich ausgiebig zum Thema Yuri (die in Deutschland lebende japanische Musikerin) aus, während die zweite Dame ausführlich mit mir über Gott und die Welt redete. Besonderes Plus stellten aber die selbst gemachten Tofu-Reistaschen dar. Dabei handelt es sich um eine Abart des Sushis. Eines der Mitglieder hatte eine übergroße Box mit diesen Taschen gefüllt. Das bedeutet im Klartext, dass man von knapp vierzig bis fünfzig dieser Tofutaschen ausgehen kann. Bei der Ausgabe der Tofutaschen machte sie aber einen schwerwiegenden Fehler! Als nur noch fünf Personen im Raum waren, stellte sie die Taschen doch tatsächlich direkt vor meine Augen. Einige Minuten später und zehn der Taschen mehr in meinem Magen, war die Box nun endgültig leer. Die Anderen bestärkten mich sogar darin, alles alleine aufzuessen. Trotzdem muss ich ziemlich ausgehungert ausgesehen haben, was natürlich gar nicht eingeplant war. Irgendwelcher Kritik entging ich aber ohne Probleme. Ich erklärte ihr einfach, wie lecker die Taschen schmeckten und sie war von dem Lob sehr angetan. Beim nächsten Mal gibt es hoffentlich noch mehr davon. Das Lob an ihren Kochkünsten beflügelte sie so sehr, dass sie sich von mir eine deutsche Übersetzung des Lobes anfertigen ließ.
Nach dem großem Essen, ging es endlich zum Büro. Was dort aber heute los war, kann ich auch nicht so genau sagen. Shimizu spielte mit einem Kumpel irgendwelche Geishaspiele und beschwerte sich im Anschluss, dass das Spiel, mit Kerlen, auch nicht so viel Spaß macht. Eines der ersten Male, dass ich die immer so korrekten Japaner auf einmal so umgangssprachliche Worte verwenden hörte. Noch nicht einmal in ihrer eigenen Sprache kommt das allzu oft vor. Die anderen beiden Anwesenden betrachteten auf dem im Raum vorhandenem Laptop einen Anime und der einzige der arbeitete, war mein zweiter Betreuer. Dies aber auch nicht so lange, um 18.40 wollte er doch dann auch endlich mal Schluss machen. Da ich weder über einen Schlüssel verfüge noch einer der Schlüsselträger auch nur in der Nähe war, ging es dann doch nach Hause. Das war gerade noch rechtzeitig vor dem großen Regen. Was mich aber viel mehr überraschte, war ein Sprachproblem. Mein Advisor war das Rauschmeißen sehr peinlich. Zur Beruhigung wollte ich ihn etwas aufbauen und ihm erklären, dass ich volles Verständnis habe. Die Reaktion war aber mal wieder typisch. Mein Betreuer kennt zwar fast alle wichtigen deutschen Worte, aber das wichtige Wort „Feierabend“ oder „wohlverdienter Feierabend“ kennt er natürlich nicht. Typisch Japaner! Sie wissen nie Dinge, die etwas mit Freizeit zu tun haben könnten. Der Gedanke an Freizeit muss für Japaner echt unerträglich sein.
Für mich bleibt die Erkenntni des Tages: Diese Tofutaschen können süchtig machen. Wenigstens habe ich durch das Aufessen gleich noch Bonuspunkte bei dem dritten Mitglied von Group Mori einkassiert. Man weiß nie, wozu man es mal braucht.