Tag 18 – Nach der Schlacht

Da saß ich nun um 4.45 Uhr in Zao zwischen einer Meute Kinder und wusste nicht, was ich machen soll. Gestern hieß es noch, wir alle sollen um 4.45 Uhr aufstehen und einiges erledigen, ehe wir um 6 Uhr die Kinder wecken. Außer dem Deutschen hatte sich natürlich aber keiner an diese Anweisung gehalten. Wäre ja auch langweilig, wenn das auch nur einmal der Fall sein würde. Kurz entschlossen ging ich auf einen Spaziergang. Ich nutzte ihn dazu ein Waldstück aufzuräumen, welches wir gestern wegen Dunkelheit und Wind nicht mehr aufräumen konnten. Es soll ja keiner sagen, ich würde nicht für mein Geld arbeiten. Dass die Entscheidung ein Fehler war, stellte sich erst im Anschluss heraus, als mich ein Japaner um 5.15 Uhr ansprach, wie er den Berg erklimmen kann und was ich hier überhaupt mache. Ich überstand aber die Fragen irgendwie und der Morgen konnte beginnen. Mein Zimmer war nach der Niederlage gestern auch sehr friedlich und das Frühstück konnte beginnen.

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Bei diesem Frühstück zeigte sich der nächste Kritikpunkt an der Organisation. Nachdem es gestern die ersten Stunden gar kein Wasser gab, wurde danach nur Leitungswasser ausgeschenkt. Das mag ja gesund sein, aber 24 Stunden lang kann man das Kindern nicht verkaufen. Für eine Gruppe von vier Jungen, welche sich als besonders anhänglich erwiesen und mir immer einen Platz frei hielten, machte ich deshalb eine Ausnahme. Da ich selber meine Ladung Kakao brauchte, kaufte ich gleich eine weitere Dose. Aiji, meinem Gegenüber und gleichzeitig dem Jüngsten der Gruppe, der mir auch bei jedem Toilettengang die Hand zum Händehalten hinhielt und am liebsten natürlich getragen werden wollte, gab ich eine halbe Dose von mir und die anderen drei Jungen bekamen die zweite Dose. Die Gesichter, als ich mir anstelle des langweiligen Wassers Kakao einkippte, waren göttlich und sie bettelten förmlich zu erfahren, wo der her ist. Als ich ihnen daraufhin verriet, woher er ist, sah ich in glänzende Augen. Der Kakao wurde brüderlich auf den Milliliter genau aufgeteilt und bravere Kinder hatte keine andere Gruppe vorzuweisen. O.k., das war zwar irgendwie Bestechung, aber nach den Gesichtern zu urteilen, die Richtige. Dann begann der Unterricht, in dem sie aber nicht viel mehr lernten als gestern. Nach dem Unterricht stiegen wir wieder in den Bus. Die Zeit im Camp war überstanden. Im Bus zeigte sich dann, dass die Ausländer die einzigen waren, die erschöpft und müde waren. Dementsprechend schliefen auch alle Betreuer, während unsere Kleinen sangen. Bei unserer Rückkehr am Bahnhof war die Freude der Kinder und Eltern riesig. Unser weißes Team hatte auf jeden Fall Spaß und die Kleinen werden wohl nie mehr Angst vor Ausländern haben. Einer der Kleinen, Aiji, hatte bei der Verabschiedung sogar Probleme, was besser ist – ich oder seine Mutter. Besonders interessant war auch die Übung ?Übergabe einer Visitenkarte? (übrigens ein wichtiger Punkt in Japan). Jedes Kind hatte nur 3 Visitenkarten, die an jemandem übergeben werden sollten. Meine ganze Gruppe kam zu mir, um ihre Karten mit meiner zu tauschen. So schnell konnte ich gar nicht schauen, wie sich eine riesige Schlange gebildet hatte. Besonders Jin wollte unbedingt eine Visitenkarte von mir haben und mir unbedingt schreiben. Mal schauen, ob er es wahr macht.

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Wie beliebt ich war, wurde eigentlich erst klar, als mir mein Gruppenchef erzählte, wie in meiner Abwesenheit immer Kinder zu den Ausländern kamen und nach dem weißen großen Kerl gefragt haben. Die Organisation fand ich trotzdem nicht optimal, aber was will man machen?! Es hat alles geklappt – bis auf den Bruch – und es hat Spaß gemacht, mehr will man doch nicht. Trotz allem hat es Spaß gemacht, auch wenn Orsolya und ich uns einig sind, dass ein Mal reicht und wir danach sehr geschafft waren. Während des Aussteigens aus dem Bus trafen wir auch noch die Reysol-Spieler von Morgen. Ich musste mich arg zusammenreißen, um nicht nach Vegalta Sendai zu rufen.

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