Der Tag der Deutschen

Wer erinnert sich noch mit Genuss an die guten alten Tage, als Computer noch echte Computer waren? Plug&Play, vorinstallierte Treiber, einen USB-Stick einfach anschließen und Daten drauf schieben? Nicht so bei Windows 98 und nach jeder Änderung bitte gleich noch das Betriebssystem neu starten. Ja, die guten alten Zeiten vor der Verweichlichung durch Windows XP, Vista und 7, man musste noch wirklich etwas tun. Genau an diese Zeiten wurde ich heute erinnert. Die deutsche Professorin hat noch einen sehr alten PC in ihrem Zimmer stehen, der eigentlich nur noch bereit steht, weil ihre alten E-Mails von 1999 bis 2003 noch auf ihm zu finden sind und sie diese noch benötigt. Alle Assistenten in den letzten sieben Jahren haben es nicht geschafft, diese Daten zu retten. Also wurde die Hilfe durch deutsches Know-How erbeten. Keine leichtere Sache als das, eigentlich. Leider erreichte der Mailordner eine Größe von 160 MB, eine Größe, die auf handelsübliche Disketten nicht passt. Einen CD-Brenner besaß der Rechner natürlich auch nicht, dementsprechend war guter Rat teuer. Zum Glück befindet sich im Besitz dieser Professorin noch ein 256 MB USB-Stick. Jetzt blieb nur noch eine Frage: Wie überzeuge ich eine japanische Windows 98 Version, einen USB-Stick zu lesen? Mit viel Überzeugungsarbeit bekam ich einen USB-Treiber auf eine Diskette geschoben. Schon alleine den Treiber ausfindig zu machen, war ein Ding der Unmöglichkeit. Als nun die Meldung erschien, „bitte die Windows 98 CD einlegen“, war es ganz aus. Wer hat bitte noch eine derartige CD griffbereit? In der Philosophischen Fakultät auf jeden Fall keiner und so lag es an mir, einen Ausweg zu finden. Mit ganz viel Trickserei gelang es doch noch, den USB-Stick zum Laufen zu bekommen und in kürzester Zeit die E-Mails zu retten. Endlich kann der mehr als 10 Jahre alte Rechner in Rente gehen.

Als ich zwanzig Uhr endlich mit allen Computerarbeiten fertig war, kam ein Anruf von Orsolya. Das Oktoberfest hat angefangen, im September. O.k. im September, die Japaner lernen es vermutlich nicht mehr. Das Fest präsentierte sich noch größer als im Juni. Diesmal gibt es sogar eine Maß. Die Frage die sich stellt ist nur, wer bereit ist, dafür fast 25 Euro zu bezahlen? Die Japaner! Was frage ich überhaupt so dämlich? Auch Würstchen und andere nicht immer deutsche Spezialitäten gingen zu sehr überhöhten Preisen über den Ladentisch. Wirklich deutsches Essen gab es nur in einer Hütte. Marias Gasthaus hat für zwei Tage des Festes einen Stand geöffnet. Maria, eine Bayerin, ist eine resolute ältere Dame, die seit über 15 Jahren mit einem Japaner verheiratet ist und an der Stadtgrenze einen Gasthof betreibt. Perfekt für ein wenig Smalltalk, besonders da sie meine Professorin kennt und mir ein wenig über sie berichtete. Auffällig war auf jeden Fall die Bierbegeisterung der Japaner. Trotz des Preises von bis zu 10 Euro für ein Einbecker, tranken die Leute begeistert bis zum Umfallen. Auch die passenden Trachten wurden von Einigen getragen.

Aber auch weiter blieb es ein Tag der Deutschen. Thomas erschien und lud uns auf ein Fest am Samstag ein. Ein Freibier inklusive, da er für den Bierausschank zuständig ist. Über die Auskunft der Industriespionage des zweiten Tayakistandes amüsierte er sich nur und will demnächst einmal den Vergleich wagen. Auch die diesmal echt Bayrische Band war über das Erscheinen von echten Deutschen überrascht und lud uns ein, an einem der nächsten Tage mal ein Freibier mit ihnen zu trinken. Immerhin stellten wir eine angenehme Abwechslung zu den kreischenden Japanerinnen dar, die angehoben werden wollten oder einfach nur Fotos (und teilweise mehr) mit den großen Deutschen wollten. Die interessanteste Begegnung des Abends war aber eine Deutsch-Finnin, der ich bei dem Interviewteil ihrer Masterarbeit ein wenig mit Rat zur Seite stehen kann. Eine Möglichkeit, meine Kontakte etwas zu vergrößern und eventuell Rückschlüsse für meine eigenen Forschungen zu ziehen, was will man mehr?

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