Wir gehen nur ein wenig Einkaufen und dann geht es auch gleich nach Hause. Ich sollte es mit 24 Jahren wirklich mittlerweile gelernt haben, wenn eine Frau diese Worte verwendet, kann man den Tag eigentlich schon abschreiben. Als Orsolya heute rief, verdrängte ich solche ketzerischen Gedanken aber ganz schnell aus meinem Kopf, ein großer Fehler. Diese Tatsache wurde mir schmerzhaft bewusst, als wir um 20.30 Uhr immer noch durch Geschäfte tigerten. Erst mal hieß es, einen MP3-Player zu finden. Ich muss sagen, ich verstehe die Japaner nicht ganz. Mein MP3-Player aus Deutschland hat 30 verschiedene Sprachen, darunter auch Japanisch. Wieso hat der baugleiche MP3-Player hier dann gar keine Sprachauswahl? Aber auch noch andere Sachen wollten besorgt werden und so zog sich das Ganze doch etwas hin. Und da ich als Technikberater angestellt war, gab es auch keine Möglichkeit zur Flucht. Endlich war es aber so weit, es sollte nach Hause gehen. Also beide die Räder geholt, welche an unterschiedlichen Orten standen und zum Treffpunkt gekommen. Wer fehlte natürlich wieder? Plötzlich erhielt ich einen Anruf, komm zum MafuMafu. Gut nach Trinken war mir eigentlich nicht, aber was will man machen.
Also ging es zum MafuMafu. Madam hatte beschlossen, dass sie so viel Geld ausgegeben hat, dass eine Runde MafuMafu jetzt auch nicht mehr auffällt. Einfach zu verschwinden, ist da auch nicht meine Methode. Also schloss ich mich an. Besonders mein Fahrrad wurde Gesprächsthema Nummer eins. Zwei Japaner versuchten verzweifelt, das Teil zu fahren, was jedes Mal gepflegt schief ging. Wenigstens kann ich mir sicher sein, dass kein Japaner mein Rad klauen kann, die kommen alle nicht hoch. Auch ansonsten entwickelte sich ein lustiger Abend. Sanddorn-Holunder-Bonbons – ein Geschenk der Deutschen vom Narita-Flughafen – scheint nicht gerade den Geschmack der Japaner zu treffen. Nicht süß genug und der Geschmack ist komisch. Thomas und ich finden es dafür um so leckerer. Dafür opferte eine Japanerin uns Schokolade von ihrem Amerikaurlaub letzte Woche und es entstanden einige interessante Gespräche, wie seltsam ich doch bin. O.k., das dürfte dem geneigtem Leser jetzt nicht verwunderlich vorkommen, aber eigentlich ging es mehr darum, wie sich ein Historiker an die normalerweise eher von technisch orientierten Austauschstudenten frequentierte Tohoku University verläuft. Dieser Fakt wird auch gerne mal von anderen Studenten herausgestellt und ich stelle hier wirklich eine absolute Ausnahme dar. Alle meine Kommilitonen sind normalerweise nur aus den naturwissenschaftlichen Bereichen. Nur eine Iranerin ist noch in der Geisteswissenschaftlichen Fakultät und sie sollte eigentlich Modedesign studieren. Da es das hier nicht gibt, ist sie irgendwie in meiner Fakultät gelandet. Ansonsten ist es aber echt grausam, Japanern zu verstehen zu geben, warum ich kein Ingenieur oder Rechtsverdreher bin. Für Orsolyas Aussage von einem schnellen Bier, blieben wir auf jeden Fall eine ganze Weile. Zwischenzeitlich entstand dann auch ein anderer Plan. Die Bar hat immer Themenkochabende aus verschiedenen Ländern. Wenn sich alles finden lässt, wird den Japanern demnächst mal ostdeutsches Essen serviert. Ich bin mal gespannt, was sie zu Jägerschnitzel, falschem Hasen und Weißkrautsalat so zu sagen haben. Schon allein die Namen dürften nach einer Übersetzung für genug Gesprächsstoff sorgen.